Sitzung: 21.03.2017 Bau- Verkehrs- und Umweltausschuss
Beschluss: Beschluss:
Abstimmung: Ja: 8, Nein: 1
Sachverhalt:
Der Antragsteller beabsichtigt die Errichtung einer Garage mit
Flachdach, innenliegender Entwässerung und elektr. Torantrieb auf dem
Grundstück Heppstädter Weg 44, das im Geltungsbereich des rechtkräftigen
Bebauungsplanes Nr. 3 – „Erweiterung Mitte-Nord“ liegt.
Nach § 8 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. d der Geschäftsordnung
für den Gemeinderat ist eigentlich nicht der beschließende Bau-, Verkehrs- und
Umweltausschuss für Isolierte Befreiungen zuständig, sondern der 1.
Bürgermeister. Da jedoch der Antragsteller auf die aus seiner Sicht fragliche
Bestandskraft des Bebauungsplanes verweist (Fassadenverkleidungen und
Satteldachgaragen) wurde dieser Antrag in diesen Ausschuss verwiesen.
Dazu wird wie folgt Stellung genommen:
Unter Ziff. 5.2.1 der textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplanes
ist im Satz 1 wörtlich aufgeführt: „Fassadenverkleidung in Asbestzement,
grellfarbige Fliesen und farbige Glasbausteine werden ausgeschlossen“.
Der Antragsteller schreibt bei der Begründung der Befreiung, dass der
Bebauungsplan Fassadenverkleidung mit Asbestzementplatten vorschreibt und verweist damit auf die fragliche Bestandskraft
dieses Bebauungsplanes.
Der Antragsteller führt weiterhin zu Punkt 5.3 auf:
„Bei Satteldachgaragen wird
die max. Trauf- bzw. Firsthöhe auf 2,75 m bzw. 6 m festgesetzt“. Im
Umkehrschluss stellt er die Frage, was bei anderen Garagen außer
Satteldachgaragen für Vorgaben gemacht werden. Hier sind keine Ausführungen
ersichtlich.
Hierzu ist zu entgegnen, dass unter Ziff. 6.1 als Dachform für Garagen
lediglich Satteldachgaragen
vorgeschrieben sind.
Deshalb ist festzustellen, dass sich diese Frage im Umkehrschluss
überhaupt nicht stellt, da es nur diese eine Dachform gibt.
Zusammenfassend wird zu den beiden Punkten als Fazit festgehalten, dass
die Bestandskraft dieses Bebauungsplanes nicht als fraglich erachtet wird und
deshalb keine Änderungen vorzunehmen sind.
Die Prüfung des Antrages zur Isolierten Befreiung hat ergeben, dass er
in folgenden Punkten von den Festsetzungen des Bebauungsplanes abweicht:
·
Flachdach
mit 0 ° anstatt Satteldach mit 40 °- 48 °
·
Überschreitung
der Baugrenze um ca. 6 m² nach Südwesten.
·
Unterschreitung
des Stauraums von mind. 5 m um 2 m auf 3 m.
Er begründet seinen Antrag damit, dass aufgrund des drückenden Wassers,
eine andere als die jetzt geplante Garage, nur unter schwierigsten Bedingungen
und hohen Kosten für die Standsicherheit/Wasserdurchlässigkeit zu realisieren
ist. Eine Wasserdurchlässigkeit des Mauerwerks muss auf jeden Fall
sichergestellt werden. Die Firma Zapf bietet die Fertiggarage in einer
Ausführung mit WU Beton und verstärkten Wänden an. Somit ist eine Anfüllung von
hinten und von der Seite des Grundstückes Fl.Nr. 359/3 uneingeschränkt möglich.
Die Entwässerung erfolgt innenliegend und wird in den bereits auf dem
Grundstück befindlichen Kanal eingeleitet. Der Staubereich soll 3 m betragen.
Damit keine Probleme auf dem Heppstädter Weg bei der Einfahrt in das Grundstück
entstehen, wird die Garage mit einem elektrischen Torantrieb mit Fernbedienung ausgestattet.
U.a. führt er aus, dass das Landratsamt bei der Genehmigung des
westlich angrenzenden Wohngebäudes, für die Garage eine Befreiung von der
Dachneigung mit 25 ° anstatt 40 ° - 48 °, ausgesprochen hat.
Das Landratsamt hat dies damit begründet, dass es sich hier nur um eine
geringfügige Abweichung handelt, welche städtebauliche Belange nicht
beeinträchtigt.
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann eine Befreiung von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes erfolgen, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden
und
1.
Gründe
des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von
Flüchtlingen oder Asylbegehren, die Befreiung erfordern oder
2.
die
Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die
Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte
führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher
Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
§ 31 Abs. 2 BauGB verlangt für alle drei Befreiungstatbestände der Nrn.
1 bis 3, dass durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt
werden.
Mit dem Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung setzt § 31
Abs. 2 eine in jedem Fall zu beachtende Grenze für Befreiungen, unabhängig
davon, ob die Voraussetzungen der einzelnen Befreiungstatbestände der Nr. 1 bis
3 gegeben sind. So könnte eine Abweichung städtebaulich vertretbar i.S.d. Nr. 2
sein und dennoch nicht zugelassen werden, weil die Grundzüge der Planung
berührt werden (Kommentar Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Rd.Nr. 35).
Beispiele für Festsetzungen, die zum planerischen Konzept des
Bebauungsplanes gehören und von denen nicht befreit werden kann, sind für die „klar ablesbare“ Gestaltung eines
Wohngebiets u.a. die Festsetzungen
Dachform und Dachneigung (Kommentar Zinkahn, Bielenberg/Krautzberger, Rd.Nr. 36
a).
Im Gegensatz zur bereits erwähnten Befreiung zur Satteldachgarage auf
dem Nachbargrundstück (Befreiung von der Dachneigung) handelt es sich beim
Antragsteller als wesentlichen Befreiungstatbestand um die Dachform (Flachdach
anstatt Satteldach) und ist daher nicht vergleichbar.
Die Gemeinde vertritt daher die Auffassung, dass dadurch die Grundzüge
der Planung berührt sind.
Weiterhin ist auszuführen, dass eine von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes (Dachform) abweichende Bebauung, die vor oder nach dem
Inkrafttreten des Bebauungsplanes – ggf. unter Verstoß gegen die
Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB entstanden ist, allein nicht die
Grundzüge der Planung i.Sd. § 31 Abs. 2 BauGB verändert, mit der Folge einer
erleichterten Zulassung von Befreiung. Eine andere Beurteilung würde dazu
führen, dass die Geltung der Festsetzungen eines Bebauungsplanes von der Art
und Weise ihres Vollzugs abhängig gemacht werden würde (Kommentar
Zinkahn,Bielenberg, Krautzberger, Rd.-Nr. 37 a).
Zur Überschreitung der Baugrenzen, der Unterschreitung des Stauraums
sowie elektr. Torantrieb werden keine Einwendungen erhoben, da sie geringfügig
und vertretbar sind.
Beschlussvorschlag:
1. Der Sachstandsbericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
2. Zu diesem Antrag werden die Isolierten Befreiungen (Dachform und Dachneigung) erteilt.