Sachverhalt:
Zur formlosen Bauvoranfrage hat der
Gemeinderat in seiner Sitzung am 01.08.2017 das gemeindliche Einvernehmen mit
allen erforderlichen Befreiungen erteilt. Die Verwaltung hatte damals die
Versagung des Einvernehmens empfohlen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen
zur Erteilung erforderlicher Befreiungen nach dem Baugesetzbuch nicht
vorliegen. Nunmehr haben die Antragsteller diesen Bauantrag zur Behandlung und
Beschlussfassung vorgelegt.
Das auf dem Grundstück bestehende Fertighaus aus dem Jahr 1977 soll mit
Ausnahme des Kellers abgebrochen werden. Anschließend sollen ein
zweigeschossiges Einfamilienhaus („Toskanahaus“) mit einem 20 °Walmdach auf
diesem Keller und ein Carport neben der bestehenden Garage errichtet werden.
Im Bebauungsplan ist 1 Vollgeschoss mit Flachdach festgesetzt. In
diesem Flachdachareal, zwischen Amsel-, Drossel- Finken- und Bergstraße sind
mittlerweile von 21 Gebäuden 15 mit I+D und Satteldach bebaut. Nordwestlich des
Grundstücks Finkenstr. 21, ca. 210 m Luftlinie entfernt, befindet sich ein
zweigeschossiges „Toskanahaus“ mit einem 22 ° Walmdach, für das im
gleichnamigen Bebauungsplan, ein eingeschossiges Einzelhaus mit der Dachform Satteldach
und einer Dachneigung von 18 ° - 25 ° festgesetzt ist. Im Rahmen des
Bauantragsverfahrens für dieses Gebäude im Jahr 2014 wurde kein
Vollgeschossnachweis vorgelegt, der erforderliche Befreiungsantrag für das
zweite Vollgeschoss nicht erteilt und demzufolge auch keine Befreiung für das
2. Vollgeschoss im Rahmen der Baugenehmigung erteilt. Das Bauvorhaben auf dem
Grundstück Finkenstraße 2a ist daher nicht als Bezugsfall für den jetzt
anhängigen Bauantrag heranzuziehen.
Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen
Bebauungsplanes Z 2 -
2. Änderung. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes ist ein Vorhaben
zulässig, wenn es dessen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung
gesichert ist (§ 30 Abs. 1 BauGB).
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann eine Befreiung von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes erfolgen, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden
und
1.
Gründe
des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von
Flüchtlingen oder Asylbewerbern, die Befreiung erfordern oder
2.
die
Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die
Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte
führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher
Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
§ 31 Abs. 2 verlangt für alle drei Befreiungstatbestände der Nrn. 1 bis
3, dass durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Mit
dem Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung setzt § 31 Abs. 2 eine in
jedem Fall zu beachtende Grenze für Befreiungen, unabhängig davon, ob die
Voraussetzungen der einzelnen Befreiungstatbestände der Nr. 1 bis 3 gegeben
sind.
Durch die Überschreitung der Anzahl der Vollgeschosse von 1 auf 2 sowie
die Dachform Walmdach mit 20 ° werden die Grundzüge der Planung berührt und die
Erteilung der beiden Befreiungen (Überschreitung Vollgeschosse und Dachform)
ist städtebaulich nicht vertretbar.
Beschlussvorschlag:
1. Der Sachstandsbericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
2. Zu diesem Bauantrag wird das Einvernehmen zu den erforderlichen Befreiungen nicht erteilt, da entgegen des § 31 Abs. 2 BauGB die Grundzüge der Planung berührt werden.
Beschluss: Ja 5 Nein 12
3. Das gemeindliche Einvernehmen zu dem Bauvorhaben mit allen erforderlichen Befreiungen wird erteilt.